Infektionskrankheiten wie Pest, Cholera und Spanische Grippe haben im Laufe der Geschichte in der Schweiz wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Spuren hinterlassen. So führte die Pest einerseits zu einer Landflucht und löste andererseits auch landesweite Judenpogrome aus. Die Choleraepidemien des neunzehnten Jahrhunderts wirkten sich auf die Diskussion der sozialen Ungleichheit aus und führten zur Verbesserung der hygienischen Infrastruktur der Städte. Die Spanische Grippe schliesslich brachte das Gesundheitswesen zum Kollaps, wobei dem zeitgleich stattfindenden Landesstreik die ganze politische Aufmerksamkeit galt.
Die Medizingeschichte befasst sich seit Jahrzehnten mit Epidemien und Pandemien. Für George Rosen waren Epidemien etwa wichtige Treiber des medizinischen Fortschritts. Erwin H. Ackerknecht, ehemals Professor für Medizingeschichte in Zürich, argumentierte, dass wirtschaftspolitische Argumente eine grosse Rolle spielten und schliesslich hat in den USA Charles Rosenberg vorgeschlagen, Epidemien als gesellschaftlichen Stresstest zu verstehen.
Auf dieser Grundlage stellen sich interessante Fragen: Welche Rolle spielen beispielsweise die Opfer einer Pandemie? Gibt es in der Geschichte Beispiele für Pandemien, deren Opferzahlen ein politisches Handeln erzwangen? Oder wie verhält es sich mit dem Schweizer Föderalismus? Wie sind frühere Epidemien in der Schweiz politisch verlaufen? Warum begann die Schweiz erst ab den 1990er Jahren mit der Planung für den Pandemiefall?, Presenter: Prof. Dr. phil. Flurin Condrau
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